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Historie
Klaus Bönisch wurde in Wörth/Donau geboren und wuchs in Frankfurt am Main auf. Er machte sein Abitur und beendete 1979 sein Jurastudium mit dem 2. juristischen Staatsexamen.
Erfahrungen in der Musikbranche sammelte er ab 1979 als Assistent des Geschäftsführers von CBS Schallplatten (Sony), bevor er 1980 als Prokurist bei Mama Concerts & Rau einstieg. Dort war er bis 1982 und von 1987 bis 1997 tätig, ab 1993 als geschäftsführender Gesellschafter. Von 1982 bis 1986 arbeitete Klaus Bönisch als Berater in München und veranstaltete Konzerttourneen als geschäftsführender Gesellschafter der Enterprise Concerts GmbH.
1998 gründete er die Bönisch Consulting. Später die Bönisch Concerts GmbH zusammen mit Partnern aus Hamburg.
Seit 2002 ist er wieder selbständig mit der Klaus Bönisch Konzertagentur. 2003 erfolgte die Gründung der KBK Konzert– und Künstleragentur GmbH, deren alleiniger Inhaber und Geschäftsführer er war. Zum 1. Januar 2006 erwarb die DEAG 51% der Firma, deren weiterhin allein Vertretungsberechtigter Geschäftsführer Klaus Bönisch bleibt.
Klaus Bönisch war von 1993 bis 2006 Vorstandsmitglied im Verband der Deutschen Konzertdirektionen.

KBK Fragen & Antworten
- Über welches Thema kann man sich mit Ihnen gut streiten? Politik . Den immanent verwurzelten Anspruch der Behörden zu glauben den Bürger gängeln zu müssen. Steuergesetzgebung
- Mit welchem Job haben Sie Ihr erstes Geld verdient? Post austragen während der Sommerferien
- Worüber oder über wen können Sie herzhaft lachen? Über die kleinen Sorgen meiner Frau und den trockenen Humor meines Sohnes.
- Wenn Sie jemanden mit einem Preis auszeichnen könnten – wem würden Sie welche Trophäe geben und wofür? Jedem Nicht Bush Wähler mit einem Dankesschreiben der freien Weltbürger.
- Beschreiben Sie sich selbst mit drei Worten. Loyal , verantwortlich , vorausschauend
- Was würden Sie ändern, wenn Sie in Ihrer Branche für einen Tag das Sagen hätten? Alle dazu verpflichten, einen Tag nur die Wahrheit zu sagen.
- Sie gehören zu den ersten Siedlern auf einem neuen Planeten. Was haben Sie auf jedem Fall im Gepäck? Einen Fußball
- Ihre Lebensphilosophie? Fördere die Selbstverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Menschen in Deiner privaten und beruflichen Umgebung. Denke immer positiv.
- Worauf müssen sich die Menschen gefasst machen, die mit Ihnen zusammenarbeiten? Verantwortungsvoll und engagiert mitzudenken . Die Zielvorgabe zu erreichen und nur glückliche Menschen zu hinterlassen.
- Was würden Sie heute machen, wenn Sie nicht in die Musikbranche gegangen wären? Rechtsanwalt oder vielleicht Filmregisseur bzw. Produzent.
- Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit den meisten Spaß, und was mögen Sie am allerwenigsten? Gemeinsam mit einem Künstler und seinen Beratern und seiner Plattenfirma seinen Weg erfolgreicher zu gestalten. Die Ahnungs – und Phantasielosigkeit vieler Manager und anderer Künstlerverwalter, sowie die damit verbundene respektlose Ausnützung und Ausbeutung von künstlerischem Potential.
- Welche Begegnung war die wichtigste in Ihrem Leben? Privat die Begegnung mit meiner Frau. Beruflich die Begegnung mit Paul Mc Cartney und die vielen Begegnungen mit Chris de Burgh.
- Was ist Ihre größte Tugend, was ist Ihr größtes Laster? Das Vertrauen in die positive Entwicklung der Dinge. Ausschlafen
- Was bringt Sie auf die Palme und was wieder herunter? Gedankenlosigkeit, Geschwätzigkeit und Intoleranz. Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Autobahn. Die Vorfreude auf meine Privatsphäre.
- Welches Musikstück möchten Sie hören, wenn Sie irgendwann die Bühne des Lebens verlassen? It`s time to say good bye.
- Welche Platte haben Sie sich als erste selbst gekauft? Emerson , Lake and Palmer
- Welche CD haben Sie zuletzt aus privatem Interesse gekauft? Seal, um meine Frau zu überraschen
- Was ist Ihnen überaus peinlich? Zusagen oder Absprachen nicht einhalten zu können.
- Welches Buch lesen Sie gerade? Bestellungen beim Universum
- Was haben Sie sich persönlich für die nächsten zehn Jahre vorgenommen? Lustvoll und mit Freude zu arbeiten und zu leben, junge Menschen, Talente und gute Ideen zu fördern, meine Nachfolge zu klären und dann weniger zu arbeiten.
“Macht heute Nacht München zu!” – Klaus Bönisch im Interview (Teil 1)
360-Grad-Modell, nein danke? – Klaus Bönisch im Interview (Teil 2)
Die Zukunft von KBK – Klaus Bönisch im Interview (Teil 3)
“Macht heute Nacht München zu!” – Klaus Bönisch im Interview (Teil 1)
Die Krise der Tonträgerindustrie beschäftigt auch die deutschen Konzertveranstalter: Ob 360-Grad-Modell oder Band-Aufbau – wenn die Plattenbranche in der Luft hängt, muss auch das Live Biz rechnen. “Musikmarkt LIVE!” besuchte den Münchner Veranstalter Klaus Bönisch in seiner Agentur und fragte nach, mit welchen Problemen die Branche zurzeit zu kämpfen hat.
Musikmarkt LIVE!: Jeder redet im Moment vom so genannten Boom der Livebranche. Ist es ein Boom oder nur das Resultat einer soliden Entwicklung?
Klaus Bönisch: Ein Boom ist das meines Erachtens nicht. Wir haben nur das Glück, dass die Konzertbesucher über die jungen Generationen sozusagen natürlich nachwachsen und dass die Konzertbesucher der frühen Jahre heute noch gerne Livekonzerte besuchen. Leute, die mit Elvis Presley, den Beatles und den Rolling Stones aufgewachsen sind, haben sich von Rock und Pop nicht abgewandt. Die Großelterngeneration hat sich sicher mehr an der Klassik orientiert oder ist wenig ausgegangen, aber die heutige Elterngeneration ist fit, aktiv und möchte noch was erleben im Leben. Das ist ein wesentlicher Grund für die gewachsenen Zuschauerzahlen . Wir erreichen ein Publikumsspektrum von 6 bis 60 oder 65, damit vor allem auch die ältere Klientel, die das Geld hat, um diese hohen Ticketpreise zu bezahlen, die wir heute teilweise verlangen müssen.
Die öffentliche Diskussion nimmt sich meistens die Spitzenpreise zum Anlass und führt Beispiele wie die Rolling Stones und Barbra Streisand an. Aber der durchschnittliche Ticketpreis ist ja gar nicht so sehr in die Höhe gegangen.
Die Spitzenwerte sind explodiert. Der Durchschnittspreis hat sich ungefähr 1:1 von der Deutschen Mark zum Euro in den vergangenen Jahren erhöht. Bei einer der ersten Tourneen, die ich als eigenständiger Unternehmer durchgeführt habe, 1998 mit Deep Purple, haben wir 50 Mark in der Spitze genommen. Heute sind wir bei gestaffelten Preisen bei einem Sitzplatzticket schon bei 50 bis 55 Euro. Das liegt zum einen sicherlich an erhöhten Gagenforderungen der Künstler, die, wie wir alle wissen, ihre schlechteren Platteneinnahmen mit mehr Live-Auftritten zu kompensieren versuchen. Zum anderen sind natürlich auch die gesamten Nebenleistungen des Veranstalters professioneller und damit teurer geworden. Das muss man auch einmal deutlich machen. Früher fand ein Rockkonzert in einer viereckigen Halle ohne richtige Toiletten und einem nicht gerade professionellen Ordnungsdienst statt . Heute sind es meist Hallen, die auch die gestiegenen Bedürfnisse des Publikums nach Komfort berücksichtigen.
In welchen Bereichen wachsen die Kosten besonders?
Vor allem sind die örtlichen Kosten enorm gestiegen. Die Kommunen sind natürlich auf Grund der schlechten Situation der öffentlichen Haushalte auch angehalten, in ihren eigenen GmbHs, die in der Regel die Hallen verwalten, keine Verluste zu machen. Daher müssen sie entsprechende Mieten verlangen und wir Veranstalter erwarten im Gegenzug professionelle Arbeitsbedingungen, in die teils erheblich investiert wurde. Anforderungen der Behörden für zum Beispiel Brandschutzmaßnahmen und Sicherheit sind gestiegen, die Ordner müssen Gesundheitszeugnisse haben, müssen versichert sein, Unterweisungskurse bei den Ordnungsbehörden absolvieren. Die Hallen müssen angestellte Bühnenmeister haben. Das setzt gute Ausbildung von Personal voraus, deren Erfahrung auch gut bezahlt werden muß. Das Publikum erwartet professionelle Leistung und Komfort, dann ist es auch bereit, höhere Preise zu bezahlen.
Die Plakatierung ist ein weiteres typisches Beispiel für die gestiegen örtlichen Kosten. Wenn früher ein Konzert schlecht gelaufen ist, hat man drei Studenten ins Büro geholt und gesagt: “macht heute Nacht München zu”. Das geht nicht mehr. Die Städtereklame, die ja mittlerweile leider von einem der größten privaten Plakatierungsunternehmen Deutschlands aufgekauft wurde, hat Exklusiv- und Hoheitsrechte und daher sehr hohe Preise, was zum Teil dazu führt, dass ich zumindest im Plakatbereich nicht mehr wie früher kurzfristig Promotion machen kann. Da man im Voraus bestimmte Werbemaßnahmen planen muss, ist das mit sehr hohen Kosten verbunden.
Radio und Fernsehen sind doch auch geeignete Promotion-Kanäle.
Die Radio- und Fernsehlandschaft löst keine Probleme, sie ist ein Problem: Früher gab es zahlreiche Sendungen, in denen im Vergleich zu heute wenige Bands vorgestellt wurden. Wenn angesagt wurde, jetzt kommt Supertramp, jetzt kommt Uriah Heep, wusste man, von wem man redet. Wenn man sich heute die Masse an Bands anschaut, weiß kaum jemand, wovon man spricht, da die breite visuelle und redaktionelle Plattform von Radio und TV nicht hergestellt wird. Ich muss sie teils selbst herstellen, mit Print-PR, im Radio, im Fernsehen. Ich muss den Act den Medienpartnern vorstellen, erklären und begeistern. Wenn das gelingt erreiche ich die Öffentlichkeit. Dann kann ich hoffen, dass sich das Produkt , sprich Karte verkauft. Ich muss heute viel mehr tun, um die Karte verkaufen zu können. Das ältere Publikum erkundigt sich meistens nicht aktiv über Künstler. Wir müssen die Besucher erreichen und anstoßen eine Karte zu kaufen. Unsere Ausgaben für die Kommunikation sind um ein Vielfaches höher als früher.
Was macht heutzutage effektive Kommunikation aus? Eine Mischung von Plakaten, Internet, Fernsehen und Radio?
Man versucht zunächst die Zielgruppe zu definieren, was macht sie, was liest sie, was hört sie. In die dann relevanten Medien gehen wir rein. Insgesamt ist es in der Tat ein Mix von allem geworden, wir stellen für die Künstler individuelle Kommunikationspakete zusammen. Aber auch da erleben wir Überraschungen. Am Anfang haben wir zum Beispiel bei Christina Stürmer gedacht, wir haben junge Leute zwischen 14 bis 18 zu erwarten. Und was ist passiert? Bei den ersten Konzerten haben wir festgestellt, dass ihre Zielgruppe eher bei 18 bis 35 ist. Man glaubt nach all der Berufserfahrung das Meiste zu wissen, aber man weiß es nicht immer. Bei La Fee haben wir ein ähnliches Publikum zwischen zwölf bis 16 wie bei Take That früher oder Tokio Hotel heute erwartet, aber sie waren noch jünger. Das macht es noch einmal schwieriger. Das ist ein Alter, in dem die Kids noch gar nicht allein länger als acht Uhr abends raus dürfen. Da haben wir plötzlich die Kinder mit den Eltern im Konzert. Wen müssen wir hier erreichen, die Eltern, damit sie den Kindern die Karten kaufen oder die Kinder, damit sie ihre Eltern bitten, die Karten zu kaufen?
Wie setzt sich das Publikum bei Katie Melua zusammen?
Da bin ich selbst mal gespannt. Für mich ist es die erste Zusammenarbeit. Ich hatte die klare Vision, dass Katie Melua ein großer Act in Deutschland ist, aber sie muss bestimmte Hallen spielen und diese müssen komplett bestuhlt sein. Die Vorverkaufszahlen, die wir jetzt erreicht haben, geben mir Recht. Wir werden im Bereich von ausverkauft bis 7.000 oder 7.500 liegen. Die großen Hallen in München und Stuttgart werden wir nicht ganz ausverkaufen, aber wir werden sehr ordentliche Ergebnisse erzielen, weitaus höhere als sie bisher in Deutschland hatte. Bei Konzerten, die bisher zum Großteil unbestuhlt waren.
Stichwort Flauten: Droht nachlassendes Interesse an Konzerten, eine Entwicklung, dass das Publikum “satt” ist, sagt, “es gibt so viele Konzerte, so viele kann ich ja gar nicht anschauen”?
Ich persönlich sehe da keine Müdigkeit. Die Neugier auf neue Acts ist sehr groß. So traurig die Plattenfirmen über das Internet und über Portale wie MySpace und YouTube sind, sind diese für uns natürlich von Vorteil. Sie kreieren großes Interesse an neuen Acts, die man sich dort anhören oder ansehen kann, und die man dann auch live erleben will. Das Live-Erlebnis ist für die jungen Leute genauso wichtig wie früher für die älteren Generationen. Klar muss eine Band auch live überzeugen. Ein wunderbares Beispiel sind sicherlich die Beatsteaks, die überproportional mehr Tickets verkaufen als Platten, weil mittlerweile jeder weiß, dass sie eine phänomenale Liveband sind. Das gleiche gilt in Deutschland für Die Toten Hosen und Die Ärzte – wobei die Ärzte auch extrem gut CDs verkaufen. Wenn man einmal in diesem Kreislauf der Akzeptanz drin ist und live überzeugt hat, dann ist speziell das deutsche Publikum sehr treu.
Der alte Spruch “Heute waren es 500, die waren begeistert, die kommen das nächste Mal wieder und bringen noch einen mit” trifft allerdings nicht mehr in dem Sinne zu. Meiner persönlichen Erfahrung nach gehen die Leute alle drei bis fünf Jahre zur selben Band, aber nicht alle anderthalb oder zwei Jahre. Je länger der Act da ist, desto länger ist auch der Zyklus. Alle vier, fünf Jahre möchte ich mit Sicherheit gerne einen meiner Lieblingskünstler sehen, speziell, wenn ich weiß, dass er sich auch weiter entwickelt und nicht nur Uralthits runterspielt. Viele Künstler können durchaus alle zwei Jahre auf Tournee gehen, weil ihr Zuschauerpotential groß genug ist , aber die meisten Fans gehen nicht alle zwei Jahre.
Gilt die Theorie, dass sich ein neues Album besser verkauft, wenn eine Band auf Tour geht?
Grundsätzlich würde ich sagen, ja, alleine schon aus Marketinggesichtspunkten. Ideal ist zunächst ein langer Vorverkaufszeitraum von etwa sieben bis neun Monaten, so dass ich flexibel auf die regional oft sehr unterschiedlichen Verkaufszahlen reagieren kann. Und zum zweiten sollte es klappen, innerhalb dieses Vorverkaufszeitraums – nicht zu nahe an der Tour, idealerweise zwei, drei Monate vorher – die neue CD zu veröffentlichen. Dann hat man zwei verschiedene Marketingansätze, den unsrigen und den der Plattenfirma. Wenn sich beide gegenseitig bewerben, hilft das sehr. Gerade, wenn es sich um einen Künstler handelt, der schon länger am Markt ist: Wenn es da gelingt, aus einer neuen Platte eine erfolgreiche Single auszukoppeln, verjüngt sich das Publikum, man kauft vielleicht ein Ticket – und anders herum, wenn die CD insgesamt gut verkauft, hilft das auch der Tournee. Eine erfolgreiche Tournee wiederum führt dazu, dass die Leute weitere CDs des Künstlers kaufen. Das ist eine gegenseitige Befruchtung, auf die ich nicht verzichten möchte.
Wie wichtig ist die nachhaltige Unterstützung von neuen Talenten?
Die Leute kommen primär wegen der Musik. Aber bei nachhaltiger Entwicklung kommen sie, weil ein Künstler auf der Bühne und als Persönlichkeit überzeugt. Warum haben die Supertramps der früheren Jahre, die Chris de Burghs und wie sie alle heißen, denn ihre dritte, teilweise vierte Platte gebraucht, um groß zu werden? Sie müssen erst mal selbst wissen, wo sie hinwollen, für was sie stehen. Heute kann sich eine Plattenfirma diese Geduld gar nicht mehr erlauben. Heute drängen die Controller, die Wirtschaftsprüfer, branchenfremde Inhaber und Investoren auf kalkulierbaren Profit. Eine von Grund auf falsche Situation, leider.
Uns sprechen viele junge Leute an, und wenn jemand dabei ist, an den wir glauben, der keinen Plattenvertrag hat, gehe ich zu einer Plattenfirma und biete eine Zusammenarbeit an. Das ist für mich der sinnvolle Weg. Dann erst kann man überlegen, ob man sich quasi gegenseitig beteiligt. Dies ist es in gewisser Weise auch ein 360-Grad-Modell innerhalb eines fixierten Teams oder zwei bis drei fixierten Firmen.
360-Grad-Modell, nein danke? – Klaus Bönisch im Interview (Teil 2)
Das heißt, das 360-Grad-Modell, dass von einer Seite, ob vom Veranstalter oder von der Plattenfirma, ausgeht, macht eigentlich keinen Sinn.
Grundsätzlich halte ich von der 360-Grad-Idee wenig, schon gar nicht, wenn sie von den Plattenfirmen ausgeht. In den Plattenfirmen sitzen Leute mit einer gewissen Kernkompetenz, die wenig mit der Entwicklung der Live-Persönlichkeit eines Künstlers zu tun hat. Außerdem basiert unsere Branche auf völlig anderen Regeln und Beziehungsgeflechten, auf regionalen Unterschieden. Viele Entscheidungen trifft man aufgrund jahrelanger Erfahrung im Bauch. Das sind oft Dinge, für die man kein objektives, immer gültiges Raster finden kann. Trotz Jurastudium habe ich nebenher schon als Tourneeleiter gearbeitet, ich bin seit Anfang der 70er Jahre in der Branche und seit über 20 Jahren in entscheidenden Positionen. Und selbst ich traue mich nicht zu sagen: Ich weiß, wie es funktioniert. Man kann in unserem Beruf nicht alles wissen, vor allem weil man es mit kreativen Menschen zu tun hat. Das ist ja das Schöne an diesem Beruf. Die Arbeit mit spannenden Menschen. Früher saßen in den Plattenfirmen in den entscheidenden Positionen Menschen, die sich mit Musik auskannten und Musik geliebt haben. Man hatte die Zeit, das Geld und die Geduld, einen Künstler zu entwickeln. Das haben die Plattenfirmen heute meist nicht mehr. Oft passiert es mir, dass ich heute mit einem Mitarbeiter einer Plattenfirma über eine Tournee eines Künstlers rede, der ein halbes Jahr später plötzlich nicht mehr da ist. Die Künstler sind sehr sensible und auch schwierige Menschen. Aber die menschliche Beziehung ist der entscheidende Faktor in unserer Branche. Ich kann nicht zu jemandem sagen, “gib mir alle deine Rechte”, und dann nicht in der Lage sein, mich langfristig um ihn zu kümmern. Ich muss mich in zwei Jahren genauso intensiv kümmern wie heute, und in sechs oder sieben Jahren ebenfalls. Ständig wechselnde Vertrauenspersonen können das nicht, das kann überhaupt nicht funktionieren.
Die Plattenfirmen begründen ihre Idee des 360-Grad-Modells damit, dass sie die Künstler entdecken und aufbauen. Sie wollen an den Live-Einnahmen beteiligt werden, als Resultat für die investierte Arbeit.
Das war im Ansatz früher sicher richtig. Ich sehe es aber heute anders, weil die Plattenfirmen nicht mehr die einzigen Entwickler sind. Viele Bands müssen sich erst mal durch eine Knochentour selbst entwickeln, indem sie kleine Clubs spielen und sich selbst promoten oder im Umfeld schon Leute haben, die für sie tätig sind. Die Plattenfirmen unterschreiben heute junge Bands oft nur noch, wenn sie eine Live-Historie haben. Es passiert ganz selten, dass der neue Act heute noch aus der Demotape-Kiste kommt. Das sind alles junge Leute, die in irgendeiner Form selbst auf sich aufmerksam machen. Man muss auch mal ganz offen sagen, dass viele Schallplattenverträge im Grunde genommen nahe an der Sittenwidrigkeit sind. Bis auf kleine Vorauszahlungen bekommen junge Künstler gar nichts und die Plattenfirma alles. Natürlich muss sie Geld investieren, und sie soll deshalb auch am Anfang den weitaus größeren Teil bekommen, aber bei den Neuverträgen bekommt sie eigentlich alles, zumal die jungen Künstler Promotion und Marketing im Ungleichgewicht mitfinanzieren. Man hat in den vergangenen Jahren auch den Fehler gemacht, im Glauben an weitere Umsatzsteigerungen, den großen Künstlern heute nicht mehr refinanzierbare überhöhte Vorauszahlungen zu leisten. Faire Verträge hätte man stattdessen machen müssen, alles wirklich gemeinsam verwerten. Dann wären die Künstler auch loyaler gewesen, und man hätte nicht diese geisteskranken Summen verhandeln müssen, nach dem Motto “ihr gebt mir 10.000.000 Dollar, dann verlängere ich für drei Jahre”.
Sehen Sie denn eine Perspektive für das 360-Grad-Modell? Wird sich die Tonträgerbranche auf lange Sicht im Live-Markt etablieren, ob per Eigeninitiative oder per Zukauf?
Es wird darauf hinauslaufen, dass die jungen Leute Verträge unterschreiben müssen, mit denen sie quasi alle Rechte abtreten, inklusive Merchandising etc. Wie das z.B. mit dem Management funktionieren soll, weiß ich allerdings nicht! Wie soll denn mein Manager, wenn er auch meine Plattenfirma ist, meine Interessen vertreten und meine Rechte sichern? Das geht ganz und gar nicht. Diese Version des 360-Grad-Modells in der Hand einer Person, ob eine juristische oder natürliche Person ist egal, ist ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Eine derartige Komplettkontrolle würde einer strengen juristischen Prüfung sicherlich nicht standhalten. Aber in der engen Kommunikation und Kooperation, die man übrigens schon vor Jahren besser herbeiführen hätte müssen, sehe ich durchaus Ansatzpunkte: Dass man sich gemeinsam – ein Tourneeveranstalter, ein Verleger, eine Plattenfirma und jemand, der den Künstler als Manager unterstützt an einen Tisch setzt . Dann soll diese Gruppe den Künstler aufbauen und sich überlegen wie die Einnahmen verteilt werden und dem Künstler einen fairen Anteil abgeben.
Wird das nur bei Topkünstlern funktionieren?
Das 360-Grad-Modell gibt es ja schon. Viele Künstler und ihr Management haben vieles in die eigene Hand genommen. Das machen auch viele kleine Bands von Anfang an selbst. Die haben ihr Management, buchen ihre Tourneen teilweise selbst, machen ihren Deal mit dem Merchandiser und mit der Plattenfirma. Und wenn sie da nicht zufriedengestellt werden, veröffentlichen sie die Platten selbst übers Internet. Dass große Bands nun anscheinend langfristig einen 360-Grad Deal auf Grund von hohen Garantiezahlungen mit einem weltweit operierenden Liveentertainment Konzern abschließen, wird den Plattenfirmen und auch uns wehtun. Das kann man nur verhindern, wenn man Künstler von Anfang an fair behandelt und ein Beziehungsgeflecht schafft, in dem sich jeder wohl fühlt. Wenn Menschen sich miteinander wohlfühlen, werden nicht so schnell Verträge gekündigt – gerade wenn es um Künstler geht, die auch eine Heimat haben wollen und brauchen, ein Zuhause, Leute, mit denen sie sich vertrauensvoll austauschen können. Da redet man natürlich in einem anderen Klima über neue Vereinbarungen. Vertrauen ist eine Voraussetzung, die man gerade in unserer Branche herstellen muss. Wir verkaufen keine Schrauben, wir vermarkten künstlerische Leistungen und kreative Persönlichkeiten. Anderswo gibt es designte Produkte, die man erfolgreich nach Ergebnissen von Marketingumfragen entwickelt.
Das geht bei Musik nur sehr bedingt. Musik ist Emotion. Emotion ist kaum objektiv planbar.
Haben da Indie-Labels eine Chance?
Ja. Einer der wesentlichen Fehler der Majors – wenn man mal vom Internet und den illegalen Downloads absieht, welche ja gerne als Erklärung angeführt wird für die drastischen Umsatzrückgänge – war, dass man nicht mehr konsequent nachhaltige Künstler aufgebaut hat. Dies begann als die Mechanismen des Finanzmarktes in den Plattenfirmen zu greifen begannen. Plattenfirmen wurden zu Aktiengesellschaften, Controller und Wirtschaftsberater übernahmen das Ruder. Die intuitiv und kreativ Handelnden, die keine große Lust hatten, vierteljährlich Budgets zu schreiben, statt sich um Künstlerentwicklung zu kümmern, wurden entlassen. Dann gab es Co-Geschäftsführer, die aus der Betriebswirtschaft kamen und in Zahlen dachten, die einfach nicht kapiert haben, dass Emotion nicht kalkulierbar ist. Kontrolle durch das Geld, Kontrolle durch das Investment, demzufolge die Beschneidung der künstlerischen Entscheidung, das ist für mich auch ein wesentlicher Grund, warum es in der Konsequenz zu Umsatzrückgängen kam. Warum hat Heinz Canibol mit seinem kleinen Label 105 Erfolg? Weil er an den Künstler glaubt und sich individuell und nachhaltig für ihn einsetzt.
Hat man auch zu sehr auf die junge Zielgruppe gesetzt?
Ja, in den 90er Jahren hat man einen extremen Jugendwahn entwickelt. In den A&R Abteilungen saß keiner mehr, der über 25 war und man hat dabei völlig vergessen, dass es eine Zielgruppe jenseits der 30 gibt. Es war nicht hip und nicht “credible”, für diese Leute Musik zu entwickeln. Die großen alten Namen hat man gepflegt und irgendwo im Keller gab es auch noch die Schlager- und Volksmusikabteilung. Wenn man sich heute ansieht, was bestimmte Schlagerstars im Verhältnis zu Rock- und Popinterpreten verkaufen, muss man sich doch fragen, warum man diese Künstler vernachlässigt. Entscheidend sind die musikalischen Emotionen, die erzeugt werden. Die finden sich nun mal in jedem Genre und finden auch ihr Publikum. Das Zielpublikum jenseits der 35 mit kommerziellem Geschmack und Kaufwillen hat man in der Neuentwicklung von Künstlern fast komplett vernachlässigt.
Bringt die heutige deutsche Radiolandschaft den jungen Acts noch etwas?
Die deutsche Radiolandschaft macht es jungen Acts fast unmöglich gespielt zu werden. Die Formatierung ist das Schlimmste, was es gibt. Formatierung ist gleichzusetzen mit dem Prinzip von “DSDS”. Ist ja klar, wenn ich viele Leute frage, ist das Ergebnis ein Konzentrat von Durchschnittlichkeit. Logisch! Aber Musik kann nicht durchschnittlich sein, schon gar nicht junge Musik. Und bei Musik gibt es keinen Durchschnittsgeschmack. Es gibt Menschen, die stehen auf Roland Kaiser und gehen trotzdem in die Oper, haben ein Stones-Album zu Hause und kaufen sich eine Eintrittskarte für Peter Maffay. Was beim Radio herauskommt, ist tödlich für den Aufbau von jungen Acts. Beim Fernsehen war es noch schlimmer. Musik im Fernsehen, außerhalb von MTV und Viva, war jahrelang außen vor. Musikformate bringen keine Quoten, hieß es immer. Und dann kamen plötzlich diese komischen Chart-Shows. Die sind aber immerhin halbwegs erfolgreich und bringen Musik zurück ins Fernsehen. Wenn man die Formate ein bisschen spannend entwickelt, erreichen Musikformate sehr wohl die Zuschauer. Musikformate sind nicht so teuer wie ein Sat1-Spielfilm. Stefan Raab hat es bewiesen. Über ihn kann man denken, was man will, aber sein “Bundesvision Song Contest” und “SSDS…” sind sensationell gut. Das sind Sendungen mit überschaubaren Produktionskosten und sie erreichen die berühmte werberelevante Zielgruppe in hohen sechs – bis siebenstelligen Zahlen. Wenn du den Willen und die Phantasie hast, kannst du immer etwas Neues entwickeln. Vor 15 Jahren, als die Plattenfirmen noch im Geld schwammen, hätte man wohl über Viva hinaus weitere Vermarktungsplattformen aufbauen müssen.
Die Zukunft von KBK – Klaus Bönisch im Interview (Teil 3)
Sie hatten vor kurzem ein neues Thema Generationenwechsel in der Agentur angesprochen, wie steht es da in Ihrer Agentur zur Zeit?
So wie junge Künstler nachwachsen, brauchen junge Künstler auch junge Ansprechpartner. Da werden wir Alten sicherlich gerne noch um einen Ratschlag gefragt, aber im Tagesgeschäft möchte man doch eher mit Gleichaltrigen kommunizieren. Deshalb habe ich konsequenterweise vor zwei Jahren angefangen, junge Leute in der Firma einzustellen, die nicht unbedingt schon sofort in meine Fußstapfen treten sollen, aber in der Lage sind, eigene Fußspuren auf dem Feld zu hinterlassen und junge Künstler an die Firma zu binden, an die sie glauben. Ich unterstütze die jungen Leute bei diesen Themen. Dabei muss ich mich auch auf sie und ihr Gespür für Qualität und Potential verlassen. Ich kann nicht von einer Mitarbeiterin erwarten, dass sie bei einem bestimmten Künstler, den ich mag, das gleiche Herzblut entwickelt wie ich. Daher gestehe ich ihm oder ihr die Freiheit zu, das Herzblut für etwas zu entwickeln, was vielleicht nicht unbedingt mein Ding ist. Ich denke, wenn einer meiner Mitarbeiter fest an den Erfolg eines Künstlers glaubt, so sollte es uns gemeinsam gelingen noch mehr Leute zu finden, die Freude mit diesem Künstler haben.
Das ist nicht immer einfach. Wir tun uns sehr schwer gegen Lieberberg und andere große Agenturen, speziell wenn sie große Festivals betreiben. Bei vielen jungen neuen Thema sind wir im Pitch, aber wir verlieren oft, weil die Agenten zum einen loyal sind zu langjährigen Geschäftspartnern oder wir eben den Slot auf dem Festival nicht bieten können. Da müssen wir uns langfristig mit qualitativem und sympathischem Engagement durchsetzen. Erste Erfolge haben wir jetzt mit Kaizers Orchestra, Navel und Duke Spirit erzielt.
Irgendwann im Leben muss man erkennen wenn es Zeit wird die jungen Leute mehr in die Verantwortung zu nehmen. Das ist bei mir derzeit angesagt.
Wie wird es für Sie persönlich weitergehen?
Ich gehöre zu denjenigen, die sicher mit 70 noch ein wenig arbeiten wollen, aber nur wenn es noch Spaß macht. Mit jungen Leuten zu arbeiten bereitet mir mehr Freude, als einfach nur eine Tournee nach der anderen zu veranstalten, und mich darum zu kümmern, dass Geld hängen bleibt. Die größte Motivation und die große Herausforderung in unserem Job ist für mich, an etwas zu glauben. Das ist die Kreativität des Logistikers: Kreativ zu sein, obwohl ich persönlich nicht kreativ bin. Meine Kreativität besteht darin, dass ich an die Kreativität anderer glauben und etwas aufbauen kann. Das ist ein wirklich schönes Gefühl. Oder wenn man eine lange Beziehung hat, wie etwa bei mir mit Chris de Burgh und seinem Manager Kenny Thomson, in der du vertrauensvoll über Jahre oder Jahrzehnte zusammenarbeitest.
Aber es gibt Rahmenbedingungen in unserem Job, die wenig Spaß machen.
Zum Beispiel?
Lärmschutzbestimmungen. Musik ist kein Lärm. Und andererseits kann Lärm auch Kunst sein. Wenn einer heute mit einem Presslufthammer arbeitet, dies fünf Tage die Woche, acht Stunden am Tag, dann braucht es Schutzbestimmungen. Aber wenn ich auf ein Konzert gehe, drei Stunden, dann muss es so laut sein, wie es laut sein muss. Klar, die Verantwortung auf die Gefahr von Lautstärke hinzuweisen akzeptiere ich gerne. Ich habe bei Manowar, die im übrigen nicht mehr so laut sind, wie sie einst waren, in Absprache mit der Band den Leuten angeboten, dass sie sich bis 15 Minuten nach Beginn des Auftritts das Eintrittsgeld zurückzahlen lassen können, wenn es ihnen zu laut war. Diese Möglichkeit haben jeden Abend zwischen acht und 16 Konzertbesucher im Schnitt wahrgenommen, mehr waren es nie. Wir haben Ohrenstöpsel zu einem günstigen Preis angeboten. In jeder Halle kann man Bereiche ausweisen, in denen es leiser ist. Die Aufklärung muss stattfinden, das steht völlig außer Frage. Aber die Entscheidung wem und was ich mich aussetze, muss ich dem Einzelnen überlassen. Wir dürfen uns nicht auf eine Diskussion von einem Dezibel mehr oder weniger einlassen. Es gibt nur entweder/oder in diesem Bereich. Die Kunst muss auch manchmal stören. Ich habe wenig Verständnis dafür, dass Konzerte im Sommer um 22.00 Uhr zu Ende sein müssen auf Grund des Immissionsschutzgesetzes. Wenn ich in der Stadt lebe, muß ich auch gewisse Einschränkungen akzeptieren. Wenn ich Ruhe haben will, muss ich halt aufs Land ziehen. So einfach ist das. Ich kann nicht die Annehmlichkeiten einer Stadt als Einwohner in Anspruch nehmen und mich dann darüber beschweren, dass in dieser Stadt urbanes Leben stattfindet. Die Innenstädte sind schon öde genug und wir bekommen in den Städten sogar auf vorhandenen Plätzen viel zu wenig Unterstützung von den Kommunen etwas zu veranstalten.
Das Interview führten Stefan Zarges und Margaretha Löffler.